Kraut 'n' Rock
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Aus dem Mediabook


Mani Neumeier

"KRAUT 'N' ROCK - GURU GURU GROOVES"



Leseprobe aus dem Vorwort von Volker Rebell:


...
In Japan, wo man ihm besondere Wertschätzung entgegenbringt und ihn als wächserne Reproduktion ins Tokioter Wachsfiguren-Museum neben Jimi Hendrix gestellt hat, gilt Mani als Inbegriff des Kraut-Rock. Mani Neumeier, ein „German Kraut“? In der englischen und US-amerikanischen Umgangssprache werden die Franzosen „Frogs“, Frösche, genannt, weil sich die Franzosen angeblich unentwegt an Froschschenkeln laben. Und die Deutschen nennt man „Krauts“, nicht weil einer ihrer langjährigen Kanzler Kohl hieß, sondern weil sie in den Augen britischer Witzbolde und Karikaturisten ständig Kohl und Sauerkraut in sich hineinstopfen. Die angloamerikanische Rockszene benutzte den Begriff „Kraut“ anfänglich eher abfällig, um damit den bundesdeutschen Rock der frühen siebziger Jahre zu ironisieren oder gar lächerlich zu machen. Gründe für diese Häme lieferten die Deutsch-Rock-Gruppen selbst nicht selten unfreiwillig: etwa so manche englisch singende Band durch ihr unverständlich bis falsch ausgesprochenes Kauderwelsch-Englisch, oder durch allzu schwülstiges Pathos oder durch eine stock-steife Kasernenhof-Rhythmik ohne Swing und Groove. Doch im Laufe der Jahrzehnte wandelte sich der Begriff „Krautrock“ von einer Lachnummer zu einem Qualitätsbegriff. Die späte Wertschätzung, ja zum Teil fast kultische Verehrung von Deutschrock-Altmeistern der Siebziger wie Amon Düül II, Can, Kraftwerk und Guru Guru – eine späte Rehabilitation, die speziell in englischen Musikerkreisen ihren Anfang nahm – hat diesen Sinnes- und Bewertungswandel bewirkt. Nicht nur die englische Musikpresse betrieb plötzlich Wurzelforschung in Sachen Krautrock, auch die internationale Techno-Szene und die Vertreter des Neo-Psychedelic und New-Progrock zogen den Hut vor den Altvorderen des Krautrock. Während etliche Deutsch-Rocker der ersten Stunde entweder weihevoll oder sphärisch jenseitig daherkamen wie z.B die Berliner Tangerine Dream und Ash Ra Tempel, oder cool roboterhaft wie Kraftwerk aus Düsseldorf, oder avantgardistisch experimentell wie Can aus Köln, oder anspruchsvoll und gegenkulturell wie die Münchner Amon Düül und Embryo – jedenfalls meist ernsthaft, theoretisch untermauert und oft von teutonischer Schwere belastet – da kam das Musiker-Kollektiv Guru Guru aus der Wahlheimat Odenwald eher locker tänzelnd, dabei musikantisch hochkarätig und immer wieder lustvoll grinsend daher, dank der Späße von Mani Neumeier. Der Palmenzweig für die Heiterkeit im Krautrock gebührt ohne Zweifel Mani und seinen Freunden von Guru Guru. Man denke nur an Manis legendären „Elektrolurch“ (1973), oder an all die komischen Hühner von „Chicken Rock“ (1975) über „Dös War I“ (mit dem Refrain ‚Jetzt lass’ I alle Hühner fliegen’, 1979) bis „Blue Huhn“ (1981). Es wird berichtet, dass er bei Konzerten Käfige mit Hühnern auf die Bühne geschleppt, das Federvieh frei gelassen und ins Publikum gescheucht habe. Das Hühner-Gegacker zieht sich durch Manis Leben wie eine Art Leitmotiv, respektive Hühnerleiter-Motiv. Die Mär wird erzählt, dass Mani in frühester Jugend im Hühnerstall seiner Oma – nein, nicht Motorrad fuhr, auch nicht über die existenzielle Frage grübelte, was denn nun zuerst da war: das Huhn oder das Ei, sondern, dass er sich dort gerne aufhielt, um Eier zu sammeln und die Hennen und Hähne aus nächster Nähe zu beobachten und dabei ihre Bewegungsmotorik und Kräh/Gacker-Laute zu studieren. ...



Leseprobe aus dem Kapitel "Manis Memos" von Mani Neumeier:


DARK BLUE STAR Irgendwo habe ich mal gelesen, dass sich die von uns Menschen erzeugten Radiowellen in alle Richtungen mit der Geschwindigkeit des Lichts ausbreiten. Die ersten Signale dieser Art müssten seit der Erfindung des Radios gut hundert Jahre unterwegs sein. Verglichen mit den gewaltigen Dimensionen des Kosmos sind sie allerdings noch nicht allzu weit gekommen, so sie das universale Grundrauschen nicht unterwegs verschluckt hat. Es wird also noch eine ganze Weile dauern, bis auch unsere vom Radio gesendete Musik auch nur ans andere Ende der Milchstrasse gelangt. Geschweige denn darüber hinaus. Aber faszinierend ist der Gedanke schon, dass in ferner Zukunft, wenn es uns schon längst nicht mehr gibt, irgendwo da draussen jemand unsere Musiksignale auffängt und von ihnen zu einem spontanen „Oh wow!“ animiert wird. Oder umgekehrt, wenn bei uns plötzlich Sounds eintreffen, die jemand, den es längst nicht mehr gibt, weit weg von hier vor abermillionen von Jahren ins All geschickt hat. Per intergalaktischem Radio sozusagen. Das wäre sicher eine tolle musikalische Offenbarung. Und eigentlich gar nicht so unwahrscheinlich, wie man zunächst vermuten mag.



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